Gestern Abend hörte ich plötzlich was. Regen! Meine Klimaanlage rauscht ziemlich laut, daher ging ich auf den Flur und lauschte: viel Regen.
Der Wetterbericht meinte: in einer halben Stunde ist der Spuk vorbei! Und so war es auch. Als ich losging, tröpfelte es nur noch. Die Straßen waren leer und der Nachtmarkt auch. Ganz langsam fingen die Leute an, Tische abzuwischen und sich auf Besucher vorzubereiten.
Jetzt, nachdem mir der Trick mit der Google-App eingefallen war, habe ich schnell was zu essen gefunden. Pad Thai mit Shrimps. Die Leute schauen immer wieder verwundert, wenn ich auf ein Schild am Verkaufsstand zeige, auf dem die Thai-Bezeichnung steht, dann aber auf englisch bestelle. Spicy? Yes, a little bit. Eat here? Yes! Water? No!
Warum kein Wasser? Weil 30m weiter ein Schnapsladen ist, der auch kaltes Bier verkauft. Die Nachtmarktstände haben alle keine Lizenz für Getränke, deshalb gibt es überall nur Wasser. Und wegen Wasser bin ich nicht hier!
Aber heute ist ein neuer Tag. Kaffee und Kekse! Mein Mini-Frühstück. Dazu, wie immer, Spiegel Online, Rheinische Post, Mails, Facebook, Insta und Twitter checken. Dann bin ich wieder up-to-date. In der Rezeption frage ich, wie ich zum Busbahnhof komme. Die Antwort ist so einfach wie angenehm. Wir bringen dich hin! For free!
Cool.
Mit einem Toyota-Truck (Rucksack auf der Ladefläche) bringt mich ein total freundlicher Typ zum Terminal.
Er: Where are you from?
Ich: I‘m from Germany!
Er: I like Kliensmann!
Man muss sie einfach mögen!
Der Minibus wartet schon und ich suche mir einen möglichst-nicht-zu-engen Platz aus. Schwierig. Eng sind sie alle. Aber es gibt social distancing: ein Platz bleibt immer frei.
Während ich warte, kommt hier ein Typ mit einer Giftspritze vorbei. Er sprüht Boden und Bänke mit irgendeinem toxischen Zeug ein und ist dabei durchaus großzügig.
Ok, Covid scheint damit besiegt, aber was passiert mit denen, die das Zeug eingeatmet haben?
Als dann die Zeit gekommen ist, und ich einsteigen will, schüttelt der Fahrer den Kopf. Dann zeigt er auf den Beifahrersitz. You sit here! You are a big guy! VIP 😀! Ja, hier kann man es aushalten.
Aber damit noch nicht genug. Ich saß bereits auf dem Beifahrersitz, da machte er von außen die Türe auf und hielt mir einen Kaffee hin: strong Coffee! Robusta! Und der war wirklich lecker! Was für ein Service!
Es scheint zu stimmen. Die Leute hier in Phrae sind wirklich NOCH freundlicher, als im ohnehin schon freundlichen (LOS=Land Of Smiles) Thailand.
Mein Fahrer heißt M. Auch ein schön kurzer Name. Wir fahren los und lassen wenig später Phrae hinter uns. Der Weg führt über einen Highway, das ist recht entspannend. Beinahe! Warum nur beinahe? Weil ich links vorne sitze. Ohne Lenkrad! M fährt sehr ruhig, aber immer, wenn wir auf einen Wagen aufschließen, schaue ich sicherheitshalber auch mal in die Rückspiegel und ärgere mich jedesmal, wenn er rechts überholt.
Er fährt auch nicht zu schnell. Die meisten PKW überholen uns.
Plötzlich piepst etwas im Auto. GPS-Alarm! ist seine Erklärung. 90 km/h! Aha. Das ist also das Geheimnis seiner zurückhaltenden Fahrweise.
Nur seine Spielerei mit dem Handy geht mir etwas auf den Geist. Da wäre ein Platz hinten besser gewesen…
Zwischendurch habe ich Zeit. Mal Kopfrechnen üben. Die Strecke ist 280 km. Ich denke, der Van verbraucht mindestens 9 Liter auf 100 km. Das wären ca. 25l. Der Sprit kostet hier knappe 40 Bath. Ich denke, ein Fahrer sollte hier auch so um die 10€ pro Stunde verdienen. Oder sagen wir mal 8€. Also 320 Bath. Bei 4 1/2 Stunden wären das 1280 Bath Lohn. Plus die 1000 Bath Sprit kommen wir nur für Lohn und Sprit, ohne sonstige Kosten / Steuern etc.
Und nun kommen wir zur Rentabilität: wir sind mit 6 Passagieren im Wagen. Jeder hat 125 Bath bezahlt. Also 2.280 Bath Kosten vs. 750 Bath Einnahmen.
Textaufgabe: wie oft muss man zwischen Chiang Rai und Phrae hin und her fahren, bis sich das Spiel lohnt?
Selbst bei einem voll besetzten Bus (13 Sitze) kommen 1.625 Bath zusammen und es ist eine private Busfirma.
Wir fuhren und fuhren. Ab und zu piepste das GPS-Modul und ab und zu waren Polizeikontrollen auf der Straße. Dann zeigte M auf seinen Gurt und legte ihn demonstrativ an. Ich hatte meinen die ganze Zeit getragen. Warum jetzt der Gurt? Wir kamen in die Berge. In engen Kurven ging es bergauf und M gab alles. Man musste sich echt festhalten, so wurde man von rechts nach links geschleudert. 1/2 Stunde später war der Spuk vorbei und M schnallte sich wieder ab.
Wir kamen durch Phayao und andere Nester. In Phayao hielten wir kurz am Terminal an. 5 Minuten Beine vertreten. Ich habe das Angebot gerne angenommen. Als ich dann zum Bus zurückkam, war mein Platz besetzt. Ein älterer Mann saß da (wahrscheinlich mein Alter 🤣). Aber der hatte die Rechnung ohne M gemacht. Er musste wieder aussteigen und hinten Platz nehmen.
Das tat mir ja ein wenig leid, aber auch nur ein wenig 🤡.
Jetzt war der Wagen auch ziemlich voll. 8 Passagiere waren nun auf dem letzten Stück an Bord.
Chiang Rai liegt ziemlich weit oben im Norden des Landes. Das goldene Dreieck ist nahe. Laos, Burma und Thailand kommen hier zusammen und China ist nicht weit. Hier haben sich viele Chinesen angesiedelt, aber das hier ist auch das „homeland“ der Hilltribes, der Bergvölker. Die stehen ja seit jeher im Verdacht, hier nomadisierend herumzuziehen, Brandrodung zu betreiben und Mohn anzupflanzen.
Es ist die Gegend mit der größten Diversität in Thailand.
Ich war hier schon 2 mal. 2008 mit Dagmar und 2017 noch mal alleine.
Auch hier erwarten mich mehrere Wats, ein Nachtmarkt und hoffentlich ein paar nette Restaurants. Das Guesthouse kenne ich. Da war ich beim letzen Mal auch schon.
Und dann erreichten wir Chiang Rai. Als erstes habe ich mich von M verabschiedet und dann habe ich mich erst mal um ein neues Ticket für Chiang Mai gekümmert. Und da ist der Gaul mit mir durchgegangen: ich habe ein VIP-Ticket gebucht. Was kostet die Welt! YOLO! 😜
Und für 100 Bath bin ich dann mit einem Tuktuk zum Baanmalai gefahren. Hier war es allerdings schwierig, weil die meine Buchung nicht hatten und ich hatte auch keine Bestätigung (wie sonst). Obwohl ich bezahlt hatte! Also musste ich neu buchen und kann mich jetzt mit Booking.com streiten. Offensichtlich ist das geschehen, weil der Betreiber hier mit Agoda zusammenarbeitet, die aber die Angebote auch beim Marktführer Booking einstellen. Wenn das so um mehrere Ecken geht, ist das immer schwierig….
Aber dann habe ich erst mal einen kleinen Kontrollgang durch den Ort gemacht. Und bin erschrocken.
Touristen!
Ich habe Touristen gesehen!
Das ist neu für mich. Kurzbehoste Männer und Frauen in abenteuerlicher Kluft turnen durch den Ort. Die Provinz hatte was für sich. Aber das ist jetzt wahrscheinlich vorbei. Die nächsten Orte sind alle irgendwo touristisch. Aber das muss nichts schlechtes sein.
Tuktuk erinnert mich an meine Kindheit.Ich habe es auch getan, in unserer Stadt wird Tuktuk "Mazida" genannt.
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